Erstellt von Perli am 14.12.2023

Dritte Wahl – Urlaub in der Bredouille / VÖ: 15.12.2023 via Dritte Wahl Records

Dritte Wahl – bereits 1988 gegründet, hat diese Band, wenn auch nur knapp, ein paar mehr Lenze auf dem Buckel als ich. Ganze 35 Jahre Bühnenerfahrung und Bandgeschichte haben ordentlich was zu bieten. Und wer diese Band kennt, der weiß, dass hier nicht freundlich drum herum geflötet wird. Ehrlich - wo es nötig ist, gerade raus, mit der nötigen Würze Galgenhumor, aber auch einer großen Portion Sarkasmus wird dieses Programm gefahren.
Alleine der Titel des neuen, mittlerweile 12. Studioalbums
Urlaub in der Bredouille lässt erahnen, was diese Platte aufzubieten hat. Die Rostocker Punkband nimmt absolut kein Blatt vor den Mund und haut einem die knallharte Realität vor den Latz. Gesellschaftskritisch? ABSOLUT! Berechtigt? Lest dieses Review bis zum Ende und findet es heraus. Ich kann euch nur jetzt schon sagen, das es für Dritte Wahl absolut authentisch ist. Punkrock? Aber zu 100%!

Es erwarten euch zehn neue Songs, die es in sich haben. Lohnt sich das überhaupt? Aber so was von! Nach Albumrelease erwartet uns im übrigen eine kleine, aber feine Tour, die in Rostock gleich zweimal Premiere feiert. Danach folgen die Städte Leipzig, Frankfurt, Berlin und Hamburg. Also holt euch schnell noch Tickets für dieses Jahr und ihr könnt das 35-jährige Jubiläum der Band direkt mitfeiern.

 

Bandbesetzung:
Bass – Stefan
Schlagzeug – Krel
Gitarre – Holger
Gesang + Gitarre – Gunnar


Tracklist:

  1. Wir schießen die Milliardäre ins All
  2. Simulation
  3. Urlaub in der Bredouille
  4. Panama
  5. Keine Zeit für weiße Fahnen
  6. Das regelt der Markt
  7. Edwin Aldrin
  8. Steine im Weg
  9. Der Spion
  10. Statistik

Direkt der Opener verschafft mir musikalisch gute Laune. Wir schießen die Milliardäre ins All“ ist bereits die zweite veröffentlichte Single vom Album und für uns also schon vertraut. Absolut eingängige Melodie, die dich unabdingbar tanzen lässt. Und, wie versprochen, gesellschaftskritisch vom ersten Moment an.

...Wir schießen die Milliardäre ins All, raus in den Orbit mit Überschall.
Wir schießen die Milliardäre ins All, die Menschen, sie jubeln überall!...“

Na, wenn das nicht mal gleich eine Lösung für das Ungleichgewicht in unserer Gesellschaft ist. Okay, okay, vielleicht sollten wir das einfach mal mit einem Augenzwinkern betrachten... Aber ein Ohrwurm ist der Song auf alle Fälle.

 

Achtung, macht mal Platz, das nachfolgende Ding drückt nach vorne! Was ein Beat... Die Gitarren, das Schlagzeug, es schiebt einfach alles voran. „Simulation“ beschreibt die Möglichkeit, dass wir uns in einer eben diesen befinden. Ihr habt doch sicher alle den Film „Matrix“ gesehen!? Nun stellt euch mal vor, da wäre was Wahres dran. Getreu dem Motto „Das kann doch alles hier nicht wahr sein“ wird das Szenario für möglich gehalten. Es würde jedenfalls einiges, was in dieser Welt abgeht, erklären. Ich empfinde es jedenfalls, als einen interessanten Gedanken. Und musikalisch finde ich ist dieser Metal- angehauchte Track übrigens ganz großes Kino.

 

Kommen wir zum Titeltrack „Urlaub in der Bredouille“. Ich liebe ihn! Auch wenn er teilweise traurige Realität spiegelt. Schade, aber oftmals nicht zu ändern. Wenn dieses Lied auch nur eine Metapher ist, zugegeben, es ist verdammt viel Wahres dran. Ironie lässt grüßen.

Der Song beginnt mit lautem Bass, ich glaube ich bin im siebten Himmel. Ich liebe es ja grundsätzlich, dass die Band so viele tolle Bassspuren bietet, aber das lässt mein Herz ganz laut schlagen und somit frisst er sich deutlich hinein. Unbedingt zu erwähnen ist natürlich auch noch, dass uns hier ein Feature mit Deine Cousine erwartet.

 

Anschließend gibt’s politisch richtig auf die Fresse. Dieser nächste Track trieft nur so vor Sarkasmus. „Panama“ spiegelt wieder, wie reiche Wirtschaftsdynastien ihr Geld im schönen Panama verstecken. Die Schnösel sollen sich mit diesem Werk angesprochen und ertappt fühlen. Ein Ohrwurm, der es sich mit einem eleganten Klatschrhythmus gemütlich macht. Ich kann ihn jetzt schon live vor mir sehen (und hören).

...Oh, wie schön ist Panama,meine Kohle ist schon da, ich besuch sie jedes Jahr - oh, wie schön ist Panama.
Von Februar bis Januar, versteck ich meine Knete da. Sie wird dort einfach unsichtbar - oh, wie schön ist Panama!...“

Hart? Womöglich. Ehrlich? Durchgängig! Real? Haben wir eine Ahnung...

 

Am 03. November erschien die Single „Keine Zeit für weiße Fahnen“ – also auch bereits bekannt. Über Politik lässt sich streiten, aber dass in dieser Welt einiges schief läuft – nicht nur bei uns in Deutschland – das sieht wohl ein Blinder mit dem Krückstock. Die ganz Großen tun sich zusammen und regieren über diese Welt, ob es einem gefällt oder nicht. Hört einfach selbst mal rein und macht euch ein Bild.

 

Nach der Single ist vor der Single. „Das regelt der Markt“ kommt einem nun aber tatsächlich vor, wie eine alte Omi. Bereits 2022 erblickte dieses Werk das Licht der Welt. Als wäre er längst in Vergessenheit geraten, überraschte er mich, als ich ihn hier das erste Mal (wieder) hörte.

...Wachstum und Beschleunigung reichen sich die Hand - und fahren dann gemeinsam mit Vollgas vor die Wand.
Die Welt geht vor die Hunde, ich hab's immer schon gesagt. Den kontrollierten Untergang, den regelt der Markt....“

Ich glaube der Refrain sagt bereits alles, was dazu gesagt werden muss. Selbsterklärend – Angebot und Nachfrage eben.

 

Kennt jemand den Namen „Edwin Aldrin“? Ich musste ehrlich gestehen, dass er mir nichts gesagt hat. Ich habe gegoogelt ... Edwin Aldrin, der zweite Mensch, nach Neil Armstrong, der seinen Fuß auf den Mond gesetzt hat. Es ist sein Fußabdruck, der dort zu finden ist. Er war es, der die amerikanische Flagge gehisst hat. Nichts desto trotz, hat mir sein Name nichts gesagt. Es wurde einem immer nur der erste Name ins Hirn tätowiert. Und auch der Song spricht immer wieder davon, dass er eben „nur“ der Zweite war – traurig, wie ich finde.

 

Jetzt kommt mein absolutes Lieblingslied vom Albums: „Steine im Weg“ – ein absoluter Mut-Song, tierisch melodisch und textlich wirklich mega toll. Eine geniale Botschaft und mein absolutes Highlight.

...Wenn dir das Schicksal einmal Steine in den Weg legt, dann stell dich drauf und schau dich ganz in Ruhe um.
Genieß die Aussicht und fixier erneut dein Ziel, schließlich stehen alle deine Träume auf dem Spiel....“

 

Mit „Der Spion“ tauchen wir mal direkt musikalisch in eine Spionszene ein. Ich fühl mich direkt, wie in einem schwarz-weiß Film. Diese neue Single (Dezember 2023) hat auch wieder richtig hohes Mitsingpotential und ist mit fast fünf Minuten auch der Längste auf dem Album. Betrunkener Doppelagent, der sich durch den Krieg pirscht. Ich glaube die Bilder aus dem Video bekomme ich nie wieder los. Was freue ich mich tierisch darauf den Song mal live zu sehen/hören. Im übrigen wartet auch hier wieder ein Feature auf uns – dieses Mal mit der Leipziger Band 100 Kilo Herz. Eine richtige coole Nummer, die schon jetzt auf eure Bewertung wartet.

 

Um Himmels Gottes Willen, wir sind schon beim letzten Song angekommen – ich bin schockiert! Den Abschluss bildet Statistik“ und ja, man könnte es auch als das Finale bezeichnen. Statistiken, Analysen... was es nicht alles gibt. Vielleicht sollte ich nun auch mal eine anlegen und bewerten. Auf einer Skala von 1-10... Ja, Leute Finale ist Finale. Und dieses bringt nun auch mich zu meinem Abschluss.


Fazit:

Wenn wir grade beim Thema sind... Auf einer Skala von 1-10... Dieses Album sollte auf alle Fälle gekauft werden!

Ironie, Sarkasmus, Augenzwinkern – manchmal mehr, manchmal weniger. Aber diese Scheibe gehört unbedingt in jedes gut sortierte Musikregal. Punkrock? Dritte Wahl!

Ich habe definitiv meinen Liebling in „Steine im Weg“ gefunden, kann aber auch mit gutem Gewissen behauten, dass mir nicht ein einziges Lied nicht gefallen hat.

Zugegeben, beim ersten Mal hören dachte ich „Puh, schwerer Brocken – politisch, gesellschaftskritisch...“ aber ja, genau das, verdammt nochmal, ist Dritte Wahl. Authentisch bis zum letzten Ton.

Ich hoffe sehr, dass ich die Band dieses Jahr noch auf der Tour sehen kann, denn mein letztes Konzert ist schon ein Jahr her. Urlaub in der Bredouille ist absolut rundum gelungen und macht Lust auf mehr – schade dass es nur zehn Songs waren...

 

Alles Gute zum 35. Jahr Bandbestehen –
12 Punkte für das 12. Album!
Vanny
AGF-RADIO