Erstellt von Perli am 13.01.2023

Maerzfeld – Alles anders / VÖ: 24.02.23 via Metalville

Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie vor 3 Jahren und auch für die Musiker gab es prägende Erlebnisse und damit verbundene Veränderungen, die in den neuen Songs verarbeitet werden und einen oft sehr persönlichen Einblick in das Gefühlsleben der einzelnen Künstler erlauben.“

So kündigt die fränkische Band Maerzfeld ihr mittlerweile fünftes Studioalbum an. Wie auch bei allen anderen sind die letzten Jahre nicht spurlos an ihnen vorüber gegangen, doch unterkriegen haben sie sich glücklicherweise nicht lassen. Elf Songs bringen sie mit ihrer neuen Scheibe an den Start und ich hatte die Ehre, vorab hinein zu hören, um euch meinen Eindruck zu vermitteln.

 

Besetzung:

Ron Huber - Keyboards
Mike Sitzmann - Gitarre
Jochen Windisch - Gitarre
Heli Reißenweber - Gesang
Michael Frischbier - Schlagzeug
Bernd Körber - Bass


Tracklist:

  1. Alles anders
  2. Wach auf
  3. Bakkushan
  4. Ich bin der Tod
  5. 100 auf 0
  6. Ich steige auf
  7. Keinen Sinn
  8. Schönen Weltuntergang
  9. Hübschler:in
  10. Plötzlich tut es weh
  11. Lange nicht

Durchgestartet wird gleich ohne Umschweife mit dem Titelsong. „Alles anders“ gibt schon mal unverständlich die Richtung vor. Im Text merkt man, dass sich die Welt doch schon ziemlich verändert hat und jeder auf seine Weise damit umgehen muss. Doch vom Sound hat sich zum Glück nichts groß verändert und das ist auch gut so. Denn brachialer Gitarrensound untermalt von den Keyboardklängen war schon immer das Markenzeichen der Band und das setzen sie auch hier an dieser Stelle fort. Der Anfang ist auf jeden Fall geglückt und macht Bock auf mehr.

 

Für alle Schlafmützen unter euch kommt hier der Weckruf: „Wach auf“ beginnt gleich mal mit einem richtig brachialem Riff, flaut in der Strophe etwas ab aber wird dann sobald der Refrain wieder einsetzt mit Wucht voran gepeitscht. Der Schrei nach dem Erwachen ist auch das Sinnbild dieses Textes. Es ist der Moment nach dem aufwachen aus einer Alptraum geplagten Nacht, den die Band hier sehr ansehnlich beschreibt.

 

Nachfolgend muss ich erst einmal eine kleine Literaturnachhilfe geben. Denn im ersten Moment konnte auch ich mit dem Titel „Bakkushan“ nichts anfangen, doch nach kurzer Recherche lässt sich der Begriff folgendermaßen erklären:

Bakkushan“ ist ein japanischer Ausdruck, der sich aus einem englischen und einem deutschen Wort ableitet. „Bakku“ leitet sich vom englischen „Back“ ab, was hier die Hinterseite bezeichnet – also den Rücken – und „shan“ leitet sich vom deutschen „schön“ ab. Sinngemäß heißt Bakkushan auf deutsch: „eine Frau, die von hinten besser aussieht, als von vorne.“

Jetzt müsst ihr euch nur noch diese Erklärung in einen sehr schamlos expliziten Text hineindenken - untermalt vom typisch rabiaten Sound der Jungs und heraus kommt ein Song, der jede Menge Spielraum für schmutzige Bilder im Kopf liefert.

 

Bühne frei für einen Gast, der auch in den letzten Jahren auf der Welt viel zu tun hatte. „Ich bin der Tod“ gibt einen kleinen Überblick, wie eben jener seiner Pflicht nachgeht und wahllos seine Gier stillt. Nahtlos reiht sich dieser düstere Song an seine Vorgänger an und beschert einige dunkle Gedanken beim Hören.

 

Kommen wir nun zur ersten vorab veröffentlichten Single dieser Platte. Bereits am 28.01.2022 wurde „100 auf 0“ inklusive Video raus gehauen. (Ich hätte es gern angeheftet, aber leider sind sowohl dieses als auch das Video zur anderen Auskopplung bei Youtube nicht verfügbar.) Wer sich trotzdem schon einen Eindruck verschaffen möchte, kann die Nummer auf den üblichen Plattformen anhören oder bei uns im Radio wünschen. Wie der Titel schon vermuten lässt, beschreibt man hier den Moment vor nun gut drei Jahren, als plötzlich von einen Moment auf den nächsten das „normale“ Leben zum Stillstand kam.

 

Mit „Ich steige auf“ nimmt die Band doch das Tempo heraus und liefert uns eine sehr eindringliche Ballade. Auf sehr anschauliche Weise wird hier der Kampf geschildert, den wohl jeder in den letzten Jahren gefochten hat. Man versucht, aus der kalten Tiefe wieder zurück nach oben in die Sonnenseite des Lebens zu kommen. Rein vom Text her ist dies, meiner Meinung nach, einer der stärksten Songs auf dem Album.

 

Um die trüben Gedanken aus dem Vorgänger bei Seite zu wischen kommt jetzt mit „Keinen Sinn“ das genau Richtige. In gewohnt brachialer Manier kommt hier ein schön versauter Song, der vor Zweideutigkeiten und Anspielungen nur so überfließt. Dieses Lied schafft es auch, dem größten Muffel ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern – das wette ich!

 

Man kann getrost behaupten, dass die nun folgende Nummer mit einer ordentlichen Prise Sarkasmus geschrieben wurde. Was sollte man einer Menschheit denn wünschen, die sämtliche Vorzeichen ignoriert und immer weiter in ihr Verderben wandert? Richtig, man wünscht einen „Schönen Weltuntergang“! Leider muss man an dieser Stelle aber erwähnen, dass es hier statt witzigem wohl eher trauriger Sarkasmus ist, der am Werk ist. Witzig könnte man so ein ernstes Thema wohl auch nicht in einem Song verpacken.

 

Dann kommt die Band mit einem bzw. wohl eher einer alten Bekannten um die Ecke: die „Hübschler:in“ war bereits 2011 auf dem Album Tief vertreten, doch hier erlebt sie sinnbildlich gesprochen ihren zweiten Frühling und darf in einem neuen und verbessertem Soundgewand wieder aufbegehren.

 

Im vorletzten Song wird die Stimmung dann doch noch einmal depressiv. Hier wird der Moment beschrieben, an dem man von der Trauer übermannt wird. Sehnsüchte, Hoffnungen, unerfüllte Wünsche und lang vergangene gute Zeiten, die wohl nie mehr wiederkommen, brechen sich im Inneren bahn und „Plötzlich tut es weh“. Tränen fließen und die Trauer wirkt überwältigend. Kurz vor Schluss ist dieser Song dann doch nochmal ein ziemlicher Dämpfer für die Stimmung.

 

Zu guter Letzt kommt hier die zweite vorab veröffentlichte Single „Lange nicht“. Eigentlich hätte dieser Track auch ganz am Anfang stehen können, denn er beschreibt den Moment, wenn man vertraute Gesichter nach langer Zeit endlich wieder sieht. Doch an letzter Stelle passt er meiner Meinung nach auch ziemlich gut. Nach der ganzen Gefühlspalette lässt er den geneigten Hörer am Ende doch mit einem Gefühl der Freude zurück und beendet damit standesgemäß dieses Album.


Fazit:

Ja die Zeiten haben sich geändert doch zum Glück ist auch manches gleich geblieben. Maerzfeld sind immer noch in der Lage, ordentliche Alben herauszubringen. Lasst euch vom Albumtitel nicht täuschen. Alles anders reiht sich nahtlos an die vorangegangenen Alben an und darf in keiner gut sortierten Musiksammlung fehlen!

 

Alex

AGF- RADIO